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Geschichten rund um die große Wäsche, Kehrwoch‘ und das richtige Putzmittel


Für ihre Liebe zu Spätzle und zum „heiligs Blechle“ sind die Schwaben weit über die Grenzen Württembergs bekannt. Auch der Sinn für Sauberkeit und ein gepflegter Bürgersteig wird ihnen nachgesagt: Am Samstag „isch Kehrwoch“ und da könnte man bei echten Schwaben die Spätzle quasi vom „Trottwar“ essen, während einem der Duft von frischer Wäsche und gebohnertem Boden in die Nase steigt.

Doch woher kommt denn der schwäbische Sauberkeitssinn? Was hat der württembergische König Friedrich damit zu tun? Und wie wirkt die pietistische Vergangenheit bis heute im schwäbischen Unterbewusstsein? Wie hat man früher im „Flecka“ gewaschen und geputzt? Museumsleiterin Dr. Sabine Rathgeb hat für die neue Ausstellung im Heimatmuseum im Fundus gestöbert, mit Korntal-Münchingern gesprochen und Geschichten sowie die dazugehörigen Teppichklopfer, Waschmittel und historischen Geräte im Heimatmuseum ausgestellt. Da steht der Waschzuber mit Waschbrett und Waschglocke, neben den ersten Waschmaschinen (die man nicht unbedingt als solche erkennt) nicht unweit von einem Staubsauger-Modell, dessen Design tatsächlich an einen Cadillac erinnert. Auf pinken Infotafeln gibt es Hintergrund-Infos zu historischen Verordnungen, Seifenherstellern aus dem Ländle und längst vergessenen Waschhäusern. Bunte Persil-Blumen aus den 60-er Jahren und jede Menge poppige Waschmittelreklameschilder nehmen die Besucher mit in die Zeit als „frau“ tagein, tagaus fröhlich sang „Das bisschen Haushalt macht sich von allein“. Oder doch nicht? Die Ausstellung macht klar: Waschen und Putzen anno dazumal war harte Arbeit. Und es war vorwiegend die Aufgabe der Frauen. „Da war Frauenpower gefragt, es war einerseits angesehen aber nicht honoriert“, erzählt Dr. Rathgeb. Bevor die vollautomatisierten Waschmaschinen und Staubsauger in den 60-er Jahren die „Drecks“-Arbeit übernahmen waren Muskelkraft, Geschick und Wissen gefragt. So lernten Mädchen ab 1836 Hauswirtschaft in Korntal auf der „Mittelanstalt“. Bis in die 60-er Jahre wurde Hauswirtschaft in großem Stil gelehrt.

Anfassen und Selfies machen erlaubt
Auch Putzmuffel dürften sich an der Ausstellung erfreuen. Denn das Heimatmuseum zeigt das Thema kein bisschen angestaubt. „Es ist eine Mitmachausstellung und die Leute sollen Spaß haben“, sagt die Museumsleiterin und zeigt die Auswahl an Kitteln und Kopftüchern gleich am Eingang der Ausstellung. Anfassen ist erwünscht und mehr noch: Die Putzkittel à la Oma darf jedermann überziehen und ein Selfie in die Sozialen Medien schicken.

Im Ausstellungsraum wartet ein Korb mit Weißwäsche darauf, aufgehängt zu werden. Vielleicht eine Partnerübung für Ehepaare? Oder wer mag, kann sein Talent beim Teppichklopfen ausprobieren.

Waschen war Knochenarbeit
Sprach man vor einhundert Jahren vom Waschtag, so war es auch mindestens ein ganzer Tag, den man für das Waschen brauchte. Einmal im Monat wurde „die Große Wäsche“ gemacht. Die Schmutzwäsche musste eingeweicht, gekocht und ausgewaschen werden. Dann ging es durch die Mangel und die trockene Wäsche wurde natürlich noch gebügelt. Zwar gab es ab 1900 elektrische Waschmaschinen, aber vorkochen musste man vorher noch von Hand. Viele Familien hatten Waschfrauen engagiert und diese wurden mit Brandwein und später mit Kaffee bei Laune gehalten. Schließlich bekamen diese ja mit, welche „Dreckwäsche“ in der Familie sauber gemacht werden musste.

So ein historisches Waschhaus kann man in Münchingen heute noch gegenüber dem Rathaus am Hengelhaus bewundern. In Korntal gab es ebenfalls ein Waschhaus, dessen Überreste inzwischen am Feuerseeweg stehen.

Originalteile aus Korntal-Münchingen
Viele Dinge wie handverzierte Mangelbretter, einen Rosshaarbesen aus der Ukraine oder einen Blocker haben Korntal-Münchinger ins Museum gebracht. Ein besonderes Schmuckstück ist zudem ein Quilt, den eine Korntalerin aus den von der Schwiegermutter geerbten Putzkitteln genäht hat.

Wäscherei Müller prägte Korntaler Ortsbild
Ältere Bürger können sich vielleicht noch erinnern: Viele Jahre war die Wäscherei Müller der größte Korntaler Betrieb mit bis zu 200 Mitarbeitern. Im Jahr 1901 wurde der später von Gustav Müller übernommene Familienbetrieb gegründet, der bis 1968 die Wäsche für Großkunden reinigte. Die zwei Kamine der Firma am östlichen Ortseingang ragten über die Dächer und prägten das Ortsbild der kleinen Gemeinde. Das besondere Geschäftsmodell des Korntaler Betriebs: Mit ihrem großen Fuhrpark holten sie körbeweise die Wäsche ab und lieferten sie wieder aus. Da gingen schwäbisches Unternehmertum und schwäbische Sauberkeit quasi Hand in Hand.

Diese und viele weitere Geschichten können noch bis 15. Oktober im Heimatmuseum entdeckt werden.

Waschen und Putzen – Schwäbische Frauenpower im Haushalt – Eine Ausstellung zum Anschauen und Mitmachen von 31.3. - 15.10.2023 im Heimatmuseum Münchingen, Kirchgasse 1

Mitmachsonntage: An jedem ersten Sonntag im Monat finden in der Zeit von 14 bis 17 Uhr Führungen und Aktionen zum Mitmachen für Erwachsene und Kinder statt. Fotoaktion: „Schwäbische Hausfrau – Schwäbischer Hausmann“ – Fotografieren Sie sich im Ambiente der Ausstellung. Passendes Zubehör wie Kittelschürzen und Kopftücher zum Verkleiden stehen bereit. Die witzigsten und originellsten Fotos dürfen gerne auf Social Media geteilt werden.