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Freiflächenphotovoltaik ja, aber nicht auf besten Böden


Flächenphotovoltaik ja – aber vertretbar für Korntal-Münchingen

Aus aktuellem Anlass nutzte die Verwaltung die Gelegenheit, um über die Entwicklungen zum Thema Flächenphotovoltaik auf Korntal-Münchinger Gemarkung zu berichten. Zur Verdeutlichung um welche Flächen es geht bzw. um welche es nicht gehen soll, hatte der Bauhof nördlich und südlich der Autobahn Flächen mit Bändern markiert.

Hintergrund ist, dass Bundes- und Landesregierung durch Gesetzesnovellierungen den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen wollen. Darunter fällt auch der vereinfachte Ausbau von Freiflächenphotovoltaikanlagen entlang der Autobahnen in Deutschland. Noch steht dem aber der Regionalplan im Weg. Dieser wird nun durch den Verband Region Stuttgart geändert. Für Korntal-Münchingen bedeutet dies, dass bis zu 115 ha nördlich und südlich der Bundesautobahn A81 für Photovoltaikanlagen geöffnet werden. Das entspricht mehr als 150 Fußballfeldern und über 5% der gesamten Gemarkungsfläche – kaum vorstellbare Dimensionen.

Potentielle Freiflächenphotovoltaikanlagen an der Autobahn

„Es handelt sich bei den von Bund und Land anvisierten Flächen um 115 Hektar der besten Böden im Herzen des Strohgäus. Das ist nicht vertretbar: Die Flächen sind zum einen gut zu bewirtschaften und zum anderen liegen sie genau im Naherholungsgebiet zwischen Korntal und Münchingen mit viel Freizeitverkehr – hier trifft man auf Spaziergänger, Jogger, Schüler und Reiter“, erklärt Bürgermeister Alexander Noak beim Stopp nahe der Autobahnbrücke.

„Die Stadtteile Korntal und Münchingen, die ohnehin schon durch die Autobahn getrennt sind, erhielten durch den insgesamt rund 450 Meter breiten Streifen mit Photovoltaikanlagen und Verkehrswegen eine noch größere „Trennwirkung“, führte der Bürgermeister aus. „Wir möchten unseren Beitrag zur Energiewende leisten, aber an Stellen, die für Korntal-Münchingen besser geeignet sind“.

„Das ist ein Ärgernis vom Bundes- und vom Landesgesetzgeber“, führte zudem der Technische Beigeordnete Kai Langenecker aus. „Bisher brauchte es überall einen Bebauungsplan für Photovoltaikanlagen. Nun wird vielen Städten und Gemeinden für riesige Flächen jegliche Steuerungsmöglichkeit entzogen. Leidtragende sind die Bürgerinnen und Bürger und vor allem auch die Landwirtschaft.“

Dass es sich bei den Flächen nördlich und südlich der Autobahn, wo aktuell etwa der Mais heranwächst, um beste Böden handelt, bestätigten auch die Landwirte auf der Felderrundfahrt. „Nicht ohne Grund spricht man hier vom Stroh-gäu“, ergänzte Friedrich Siegle, 1. Vorsitzender des Bauernverbands Korntal-Münchingen. Die Landwirte gaben zu bedenken, dass es jedoch auch für manchen Landbesitzer attraktiv sein könnte, Flächen an einen Investor abzugeben, anstatt auf unsichere Erträge aus der Bewirtschaftung zu setzen. Zudem würde der Verlust an Flächen für die Landwirtschaft laut Landwirten sich auf den Markt auswirken und die Pachtpreise auf der Gemarkung würden unter Druck geraten.

Zusammen mit den örtlichen Umweltverbänden und der Landwirtschaft hat die Stadtverwaltung in Abstimmung mit dem Regionalverband bereits letztes Jahr ein Konzept erstellt, das besser geeignete Flächen ausweist. Dieses hat der Gemeinderat am 7. März 2024 beschlossen.

In Summe werden hier bis zu 83 ha für Freiflächen-PV angeboten, immerhin rd. 4% der Gesamtgemarkung und damit mehr als das Zwanzigfache dessen, was im landesweiten Durchschnitt gefordert ist. Leider hat dieses Konzept bei den nun öffentlich ausgelegten Entwürfen für die Regionalplanfortschreibung zum großen Unverständnis der Verwaltungsspitze noch keine Berücksichtigung gefunden. Die Stadtverwaltung wird nun eine Stellungnahme erarbeiten und dem Gemeinderat zur Beratung vorlegen und auch nochmals direkt auf den Regionalverband und auf das zuständige Ministerium zugehen.

Hintergrundinformation:

Hintergrund ist, dass die Bundesregierung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) vorsieht, dass bis zum Jahr 2030 mindestens 80 % des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Einer der wichtigsten erneuerbaren Energieträger ist neben der Windenergie die Sonnenergie und deren Nutzung in Form von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen. Aufgrund von neuen gesetzlichen Regelungen rücken Freiflächen-Photovoltaikanlagen auch in der Region Stuttgart besonders in den Fokus dieser Bestrebungen. Durch diverse Gesetzesnovellierungen strebt sowohl die Bundes- als auch die Landespolitik eine Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien an. Auch die Errichtung von Freiflächen-PV-Anlagen soll durch die neue Rechtslage unterstützt und teilweise auch vereinfacht werden.

Bei der Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB) wurde unter § 35 BauGB (Bauen im Außenbereich) die Privilegierung von Freiflächen-PV-Anlagen entlang von Autobahnen und Schienen aufgenommen. Das bedeutet, dass die privilegierten Anlagen ohne Aufstellung eines Bebauungsplans errichtet werden dürfen, wenn öffentliche Belange dem Vorhaben nicht entgegenstehen. Außerhalb der privilegierten Bereiche gelten Freiflächen-Photovoltaikanlagen als sonstige Vorhaben im Außenbereich, die nur im Einzelfall zugelassen werden können, sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Für eine rechtmäßige Errichtung von Anlagen in nicht-privilegierten Bereichen ist somit in aller Regel die Durchführung eines Bebauungsplanverfahrens erforderlich. Gleichzeitig verhindert aber der „Regionale Grünzug“ im Regionalplan bislang den Bau von Anlagen in großen Teilen der Region Stuttgart, so auch zwischen Korntal und Münchingen. Dies soll sich nun durch die laufende Regionalplanteilfortschreibung ändern.